#4 Kesselrand

Aus dem Tellerrand wird heute einmal der Kesselrand. Feinstaub, drohende Fahrverbote, geheime Absprachen und Betrug sind Begriffe, die im Moment unvermeidbar erscheinen – und wenn man so in den Stuttgarter Kessel hineinschaut auch konkret zu werden scheinen. Was mich daran stört – keiner versucht, die Diskussion als Chance zu sehen und etwas Gutes daraus zu machen.

Ich halte nichts davon, Einzelne für ein Problem zu bestrafen – sprich mit Fahrverboten zu belegen – für das sie sicher nicht alleine verantwortlich sind. Das ist schlicht ungerecht.

Aber Fahrverbote – war da nicht mal was? Genau, 1973 löste die Drosselung der Fördermengen der OPEC-Staaten die Ölpreiskrise aus. Eine der Auswirkungen waren vier autofreie Sonntage. Ich selbst kenne das nur von Bildern. Menschen, die über ausgestorben wirkende Autobahnen flanieren, Innenstädte ohne Autos – Moment – liegt darin nicht eine Chance?

Stellen wir uns doch einfach mal vor, in Stuttgart wäre zum Beispiel Freitags grundsätzlich Autofahren verboten. Ja, ja – ich weiß … Krankenwägen, Feuerwehr, Polizei, unvermeidliche Fahrten – schon klar. Kann man aber irgendwie regeln. Also bleiben wir bei dem Gedanken: Freitags fahren keine Autos in Stuttgart. Was für eine Chance für die Stadt! Welche neuen Perspektiven und Erlebnismöglichkeiten könnte das mit sich bringen?

Oper und Konzert auf der ausgestorbenen B14 – die Kulturmeile schließt temporär die größte Lücke, Seifenkistenrennen oder Longboard-Championships auf der neuen Weinsteige, die Theodor-Heuss-Straße als „echte“ Partymeile wie zu Zeiten der Fussball EM. Stuttgart wäre vielleicht sogar wieder sympathisch – ziemlich einzigartig auf jeden Fall! Mögliche Langzeiteffekte für Tourismus, Wirtschaft und Bevölkerung nicht ausgeschlossen.

Denn was, wenn sich die Menschen an Autofreie Tage gar gewöhnen würden? Was, wenn dies die Initialzündung für wirkliche urbane Mobilitätskonzepte mit Vernetzung von Fortbewegungsmitteln (z. B. der Umstieg vom Auto auf das Pedelec an Verkehrsknoten u.v.m.) würde? Kaum vorzustellen – aber irgendwie doch ein sehr charmanter Gedanke, wie ich finde.